Arnsberg. „In Arnsberg sind aller guten Dinge jetzt vier“, sagte Bürgermeister Hans-Josef Vogel, als am Sonntag die Initiative „Neue Nachbarn Arnsberg“ (NAA) im vollbesetzten Saal des Bürgerbahnhofs die Urkunde als „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“ überreicht bekam. Die Auszeichnung, die im Jahr vor der Fußball-WM 2006 geschaffen wurde, um weltweit für Deutschland und seine kreativen Ideen zu werben, ist zuvor auch schon an die Arnsberger Lernwerkstatt Demenz, die Renaturierung der Ruhr und die einheitliche Behördennummer 115, bei der Arnsberg eine der Vorreiterkommunen war, gegangen. Jetzt wird die Initiative der Arnsberger Neubürger ausgezeichnet.
„Rausgehen und anpacken“
„Die neuen Nachbarn Arnsberg haben sich mit ihrer Idee unter über 1000 Bewerbern durchgesetzt und die Jury überzeugt,“ sagte Alf Meyer zu Heyde von der Deutschen Bank, die das Projekt der Ausgezeichneten Orte fördert, in seiner Laudatio. „Und das, obwohl es uns erst seit acht Monaten gibt“, betonte Ahmed Rami Warrak von den Neuen Nachbarn in seiner Danksagung. Bürgermeister Vogel ging in seinen Worten weiter zurück, in das Babylon vor 2600 Jahren, in die Herkunftsregion von vielen der über tausend Flüchtlinge, die heute in Arnsberg leben. Schon damals habe der Prophet Jeremias den Flüchtlingen im babylonischen Exil gesagt: „Sucht der Stadt Bestes und habt die Zukunft im Blick.“ „Rausgehen und Anpacken“ nannte es Moneer Shikh, einer der Gründer der Neuen Nachbarn, bei seiner Definition von Integration. Zur Integration gehöre natürlich das Erlernen der Sprache, natürlich das Beachten der Gesetze und Respektieren der Kultur des Landes. Der dritte Punkt sei aber, etwas für das Land, in dem man jetzt lebe, zu tun, etwas zurückzugeben.
Gemeinschaft als Erfolgsmodell
Uli Quaas, Repräsentant des Projekts „Deutschland – Land der Ideen“ zitierte Victor Hugo: „Nichts ist so stark wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist!“ Das treffe auch auf die Neuen Nachbarn Arnsberg zu. Die zeigten mit Selbstorganisation und Selbsthilfe, wie Integration gelingen könne. Von der Gemeinschaft als Erfolgsmodell sprach Alf Meyer zur Heide. Wie in Arnsberg Neubürger zu neuen Nachbarn geworden seien, habe die Jury überzeugt, denn Nachbarn seien wir alle.
Nichts ist un-möglich
„Wir sind stolz und glücklich“, sagte Moneer in seiner Dankesrede, die er ebenso eindrucksvoll begann wie schloss. Anfangs forderte er alle Gäste auf, jetzt die Augen zu schließen und sich vorzustellen, sie seien ein Flüchtling. Und am Ende zerriss er ein Blatt Papier mit dem Wort „impossible“ (unmöglich) in zwei Teile, so dass nur „possible“ (möglich) übrig blieb. Dazwischen berichtete er von der Arbeit der Neuen Nachbarn, deren Zahl von anfangs sieben, nur Männern, auf inzwischen 45, darunter auch viele Frauen, gewachsen sei. Übersetzungen und Vermittlung von Sprachkursen oder Begleitung bei Behördengängen und Arztbesuchen gehören zu den alltäglichen Aufgaben der neuen Nachbarn. Es gibt eine Facebook-Seite, eine Frauen- und eine Kindergruppe und eine Sportmannschaft. Die Gruppe „Mein deutscher Opa“ besucht regelmäßig Senioren und die Gruppe „Frauen aufs Rad“ will Flüchtlingsfrauen mit gespendeten Fahrrädern mobiler machen. Auch eine Musikgruppe ist in Vorbereitung und nach einem Infostand auf dem diesjährigen Dies Internationalis wollen die Neuen Nachbarn dort im nächsten Jahr auch Spezialitäten aus ihrer Heimat kochen. Zudem will man mit anderen Organisationen, wie kürzlich mit Unicef, kooperieren und die Idee der neuen Nachbarn auch in andere Städte, etwa nach Sundern, exportieren.
Dank an das ganze Rathaus
Ausdrücklich dankte der Sprecher der Neuen Nachbarn allen Mitarbeitern im Rathaus, wo die NAA ja ein eigenes Büro hat, insbesondere dem Team vom Ausländerbüro und ganz besonders dem Bürgermeister. Der sei, so Moneer Shikh, „amazing, incredible, extraordinary“, also „großartig, unglaublich und außerordentlich“. Mit einem „Ich bin ein Arnsberger“ schloss der Syrer seine Präsentation. Eine kurze Danksagung auch ohne Übersetzer ließ Ahmad Rami Warrak folgen, bevor alle Neuen Nachbarn gemeinsam ein Lied anstimmten. Integration durch Musik, generationsübergreifend und multikulturell, rot und grün zu gelb vermischend, ist das Zukunftsbild, dass Taha Shiekh Deya dazu zeichnete.