Sundern. Der Blickpunkt Arnsberg-Sundern hat den beiden Kandidaten, die am 13. September zum Bürgermeister oder zur Bürgermeisterin von Sundern gewählt werden möchten, zum Interview gebeten. 15 der 16 Fragen sind für beide gleich, nur Frage 6 zu den politischen Mehrheiten unterscheidet sich. Hier die Antworten von Ralph Brodel, dem Kandidaten des Bündnis Zukunft, zu dem sich SPD, WiSu, FDP, Grüne und Linke für die Bürgermeisterwahl zusammengeschlossen haben.
„Wer im Rathaus arbeitet, soll Spaß haben und dadurch mehr leisten“
Warum ist es ein toller Job, gerade in Sundern Bürgermeister zu sein?
Weil hier die fünf Parteien des Bündnis Zukunft Sundern es verstanden haben, über ihre Parteigrenzen hinaus zu sehen und die typischen kleinlichen Parteiauseinandersetzungen hinter sich gelassenen haben. Darüber hinaus ist die Wirtschaft Sunderns immer noch sehr gesund und bildet so eine gesunde Basis, tatsächlich noch Dinge gestalten zu können. Parteienübergreifende Vernunft und eine gesunde wirtschaftliche Basis sind geradezu traumhafte Grundlagen.
Was haben Sie sich für die ersten 100 Tage Ihrer Amtszeit vorgenommen?
Die schnelle Umsetzung meiner drei politischen Kernpunkte: Offenheit, Transparenz und Bürgerbeteiligung. Dazu gehört als erstes das sehr kritische Durchgehen aller Archive nach evtl. noch vorhandenen Problemfällen und deren offene und transparente Lösung, die TV-Übertragung aller Stadtratssitzungen und die Einrichtung der Beiräte für Wirtschaft, Vereine, Gewerbe, Jugend und Soziales.
Als neuer Bürgermeister/neue Bürgermeisterin sind Sie auch Chef der Stadtverwaltung. Was dürfen die Mitarbeiter, die gerade eine große Neuorganisation hinter sich haben, von Ihnen erwarten?
Einen offenen Chef, der Kritik fordert und fördert, da er weiß, dass wir uns nur mit Kritik weiterentwickeln können, damit wird auch eine neue Kultur von Kreativität und Motivation freigesetzt, die die Arbeit im Rathaus völlig verändert. Wer hier arbeitet, soll Spaß haben und dadurch mehr leisten. Vor allem aber muß die Verwaltung sich als Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger verstehen. Tut sie es, wird sie auch schnell wieder eine neue Wertschätzung durch die Bevölkerung bekommen. Mein Ansatz ist einfach: wir verhindern keine Vorhaben, wir ermöglichen sie, wo immer es geht. Wir sind nicht einfach das „Amt“, wir sind die Partner.
Die Haushaltslage der Stadt Sundern ist prekär. Wo sehen sie noch Sparpotenzial und welche Bereiche sind für sie tabu?
Sparpotenziale stecken in allen Bereichen, vor allem im Detail. Da wurde in der Vergangenheit den einzelnen Fachleuten zu wenig Gehör gegeben, wie zum Beispiel der Kämmerin. Wenn diese Bereiche alle bis ins Kleinste ausgewertet sind, können wir ein zielgerichtetes und vernünftiges Sparen einleiten. Das einzige Tabu ist immer nur die Frage der Nachhaltigkeit, also die Frage: Wenn wir an einer bestimmten Stelle sparen, dürfen wir dadurch aber nicht in den Folgejahren wesentlich mehr Ausgaben haben.
Die mittelständische Wirtschaft und der Tourismus sind zwei Standbeine der Stadt Sundern. Auf welchem dritten Bein möchten Sie stehen?
Die Entwicklung einer vielfältigeren Dienstleistungslandschaft ist sicher eine notwendige dritte Säule, aber wir tun gut daran, die beiden bestehenden Säulen tragfähig für die Zukunft zu machen und sie weiter auszubauen. Dies wird gerade durch die Einrichtung der Beiräte gefördert. Durch den beständigen und intensiven Austausch miteinander werden sich teilweise ganz neue Wirtschaftsbereiche anbieten, die wir entwickeln können. Moderne Wirtschaftsförderung setzt so bei dem Aufbau eines lebenden Netzwerkes an und bindet alle vorhandenen Fachkompetenzen ein, und entwickelt mit dem Bestehenden Optionen für die Zukunft.
Sie sind Kandidat eines in dieser Breite landesweit vermutlich einzigartigen Bündnisses, das im Rat zwar eine Mehrheit besitzt, diese in 15 Monaten aber noch nicht einmal bei einer wesentlichen Entscheidung genutzt hat. Wie wollen Sie stabile Mehrheiten für ihre Politik gewinnen?
Das Bündnis bildet die einzige stabile politische Mehrheit für meine drei Kernpunkte: absolute Offenheit, absolute Transparenz und mehr Bürgerbeteiligung. Diese drei Punkte wurden in den vergangenen Jahrzehnten missachtet. Die Quittung sind Misstrauen und Politikverdrossenheit bei den Bürgerinnen und Bürger. Es geht bei allen politischen Entscheidungen erst einmal darum, dass sie für die Menschen sauber, nachvollziehbar und vernünftig sind. Mit welcher Mehrheit ich aber eine bestimmte, sagen wir Modernisierung eines Kanalnetzes erreiche, ist den Bürgerinnen und Bürgern egal, solange die Hände sauber bleiben.
In einem Satz
Bitte vollenden Sie die angefangenen Sätze:
Beim Begriff „Neuanfang“ denke ich…
an eine Kommune, die durch die Bürger und für die Bürger lebt und bei der es Spaß macht, sich zu engagieren.
Windkraftanlagen möchte ich in Sundern…
nur dann sehen, wenn sie den Nachweis der Nachhaltigkeit erbringen und nicht nur Spekulationsobjekt einiger weniger sind.
Die Zukunft des Stadtmarketing…
ist absolut sicher, da wir Stadtmarketing brauchen. Ob die jetzige Organisationsform hierfür der richtige Rahmen ist, wird sich durch die angeschlagenen Finanzen noch zeigen müssen.
Flüchtlinge sind für mich…
Menschen, denen wir helfen müssen.
Auf dem Ferienparkgelände in Amecke sehe ich in fünf Jahren…
eine Fläche, auf der wir ganz viele tolle Projekte entwickeln können, wenn wir es schaffen aus den unseligen Verträgen mit den Holländern heraus zu kommen.
Motorräder auf Sunderns Straßen…
sind kein Problem, wenn es nicht ein paar Idioten gebe, die meinen, dass infernalischer Lärm Ausdruck von Freiheit ist.
Die Zukunft der Innenstadt…
sehe ich als sehr herausfordernd aber positiv an, nur ist die Lösung sicher kein Betonklotz, der möglichst schnell aus dem Himmel fallen soll und weite Teile der Innenstadt platt macht.
„Die Schule im Dorf lassen“ heißt für mich, …
dass wir uns entweder wie wild vermehren oder aber damit leben müssen, dass dorfeigene Grundschulen leider ein Relikt der Vergangenheit sind.
Der bisherige Wahlkampf…
war sehr spannend und verläuft so, wie ich es erwartet habe. Wir sind zur Zeit knapp über der von mir ausgegebenen Zielmarke.
Wenn ich am 13. September nicht zum Bürgermeister gewählt werde, …
wäre es für die vielen Bürgerinnen und Bürger bitter, die mit dem Bündnis auf einen echten Neuanfang setzen und es dürfte eine verstärkte Abkehr von der Politik geben, mit den entsprechenden Folgen.