Sundern. Eine Ratssitzung war nicht lang genug für den Rückblick und die Aufarbeitung der zehnjährigen Geschichte des Projekts Ferienpark in Amecke, zumal die Politiker sich zunächst über zweieinhalb Stunden mit anderen Tagesordnungspunkten befassten. Um 21.10 Uhr brach Bürgermeister Detlef Lins den Punkt ab, der nun am 9. Dezember auf einer Sondersitzung zu Ende diskutiert werden soll, und nannte die bisherige Diskussion „sehr fruchtbar“.
Ratssitzung vor vier Jahren „in bleibender Erinnerung“
In einer 19-seitigen Vorlage hatte Lins Ratsbeschlüsse und Ausschussberatungen, Verhandlungen mit den Holländern und Grundstücksverträge, Verschiebungen im Zeitplan und andere Hiobsbotschaften aufgelistet. Ein Werk, das alle 40 Ratsmitglieder auf einen gemeinsamen Kenntnisstand setzen soll, denn nur zwölf Politiker haben die ganze Zeit seit 2004 im Rat miterlebt. Auch Lins selber war erst 2009 ins Amt des Bürgermeisters gewählt worden. Durch die ersten Jahre und die ersten sechs Seiten des Papiers ging es „im Schweinsgalopp“, wie es Siegfried Huff (Linke) nannte. Doch spätestens die Ratssitzung vom Dezember 2010 beschwor böse Erinnerungen herauf. In dieser Sitzung tauchte die ominöse „Forfaitierung“ als Finanzierungsmodell auf, in dieser Sitzung wurde die Gründung der inzwischen insolventen Sundern Projekt GmbH beschlossen und der Projektgesellschaft sab wurde auf 30 Jahre ein jährlicher Betriebskostenzuschuss von 200.000 Euro für ein neues Freibad zugesichert. SPD-Fraktionschef Michael Stechele sagte, es sei ihm in bleibender Erinnerung, wie sich seine Fraktion damals innerhalb von zwei Tagen habe entscheiden müssen und wie sie sich deshalb gefetzt habe. Die SPD habe schließlich Ja gesagt, um Verantwortung für Sunderns Zukunft zu übernehmen, konnte Chancen und Risiken aber nicht ausreichend abwägen.
Zu wenig Information und zu viel Zeitdruck
„Wir müssen uns sorgfältiger informieren und sollten uns nie wieder so unter Zeitdruck setzen lassen,“ zog Stechele sein Fazit. Aus heutiger Sicht könne er da vollkommen zustimmen, sagte Detlef Lins. Mit den Erfahrungen aus dem ganzen Klumpatsch würde auch er das „nicht noch mal so durchpeitschen“. Klaus Tölle (CDU) sagte, er wolle den Bürgermeister nicht allein stehen lassen. Auch die CDU-Fraktion habe zugestimmt. „Wir haben alle das Projekt als Riesenchance gesehen.“ Tölle sprach Antonius Becker von den Grünen Glückwünsche für dessen damalige Entscheidung aus. Becker hatte darauf hingewiesen, dass die protokollierten vier Gegenstimmen 2010 von seiner Partei gekommen seien. Keine Probleme mit dem eigenen Stimmverhalten der vergangenen Jahre hat die WiSu, denn die sitzt ja erst seit Mai im Rat. WiSu-Fraktionschef Hans Klein stellte klar, dass es ihm nicht darum gehe, Ratskollegen für frühere Entscheidungen Schuld zuzuweisen, sondern Lehren zu ziehen, um für die Zukunft gewappnet zu sein.
Einen Absprung hatte niemand auf dem Schirm
Aus der WiSu-Fraktion kam auch die Frage, ob denn im Rat nie über einen Absprung diskutiert worden sei. „Das hatten wir nicht auf dem Schirm“, antwortete Lins. Vielmehr sei man nach dem Absprung des ersten Investors seitens der Stadt richtig durchgestartet. Mehrfach schwenkte die Diskussion in Richtung der Geschäftsmodelle der Niederländer. das bringe hier nichts, sagte Lins, denn man habe nur diese einen Investoren, denen gehöre alles und mit denen müsse man die Lösung finden. Und Lins zeigte sich zuversichtlich, dass das auch gelingen werde. „Die sind da und werden einen Ferienpark bauen, Wir müssen nur noch abstimmen, wie der Eingangsbereich aussieht,“ sagte Lins. Antonius Becker zeigte sich da skeptischer: „Es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die nicht sicher sind, ob das kommt, ob die das finanziell auf die Reihe kriegen.“
Unruhe und Müdigkeitserscheinungen
Hans Klein hatte schon gleich zu Beginn der Sitzung den Antrag gestellt, das Thema Ferienpark wegen seines Umfangs abzusetzen und auf eine Sondersitzung zu vertagen. Es wurde allerdings beschlossen, auch wegen der Zuschauer aus Amecke im Ratssaal, mit dem Thema auf jeden Fall zu beginnen. Als es kurz nach 8 Uhr endlich los ging, wurde allerdings 9 Uhr als Ende festgelegt. Im Saal zeigten sich allerdings zunehmend Unruhe und Müdigkeitserscheinungen, auf die CDU-Fraktionschef Stefan Lange „mit absolutem Unverständnis“ reagierte. Schließlich sei das eine sehr wichtige Diskussion und alle hätten vorher gewusst, dass die Generaldebatte anstehe. Mit dem Abbruch der Debatte nach über dreieinhalb Stunden Sitzung ohne Pause blieben an diesem Abend auch die 30 Fragen unbeantwortet, die die Bürgerinitiative Amecke 21 schriftlich an den Bürgermeister gestellt hat. Auch die WiSu hatte vorab Fragen eingereicht. Detlef Lins hat zugesichert, auf alle Fragen zu antworten. Vermutlich wird auch die Sondersitzung ein langer Abend.
2 Antworten
Das steht bereits jetzt fest:..alle Leistungen zur Entwicklung dieses Ferienparkes in Amecke wurden bisher direkt oder indirekt durch die Stadt Sundern erbracht.….z.B. Erstellung eines Bebauungsplanes einschließlich erforderlicher Gutachten, Schaffung eines attraktiven Umfeldes (durch die Baumaßnahmen der Regionale)… Verschwenkung der Strasse zur Herstellung der notwendigen Abbiegespur , Beteidigung beim Abbruch des Ruhrverbandsgebäudes.….… rechtswidrige Förderung des Verkaufs des Parklatzes am ehemaligen Wildparkhotel ( angeblich unbedingt erforderlich als Eingangsbereich des Parkes) .…. weil dieser seit Jahrzehnten bestehende Parkplatz verkauft wurde, muß die Stadt jetzt auf eigene Rechnung für mehrere hundertausend Euro neue Parkplätze an weniger geeigneten Stellen bauen.….Die Liste läßt sich weiter fortführen———–eine Garantie oder Verpfichtung zur Erstellung eines Ferienparkes und der dazu notwendigen Freizeitinfrastruktur gibt es nicht.….
Es bestätigt sich wieder, was ich in „Paradoxon oder Krimi“ auf der Seite http://www.amecke21.de veröffentlichte:
„Was einfach nicht aufhören will maßlos zu ärgern, ist die Indifferenz der Verantwortlichen, ihre fehlende Vorstellungskraft, ihre völlig unverständliche, geradezu depressiv wirkende Hingabe an
das scheinbar unabänderliche Verlangen der am Gemeinwohl komplett desinteressierten Profiteure. Das ist der eigentliche Skandal!“
Der Bürgermeister nannte die Diskussion am Donnerstag aber „sehr fruchtbar“ (ich bin nicht Schuld, meint er damit), „bin selber erst 2009 ins Amt gewählt“ (man kann mich ruhig wiederwählen!), „wir müssen nur noch abstimmen, wie der Eingangsbereich aussieht“ (ein appellativer Vorgang, ich habe nämlich dem Wim als Task Force noch was versprochen, Politiker setzt das gefälligst um!), deshalb, „mit denen müsse man die Lösung finden“ (wir sind denen ausgeliefert!) .….……!
Es wurde aktuell in der Tageszeitung ein Bild des geplanten Ferienparks von Prof. Reichardt aus dem Jahre 2004 gezeigt. Diese erste Planung zeigt aber nur sehr deutlich, wie die Stadt bar jeder Vernunft den Albtraum wuchern ließ und sich vielfach über den Tisch hat ziehen lassen.
Diese erste Planung, diese anfängliche Vorstellung mit einer Vielzahl von positiven Ansatzpunkten hat aber nichts mehr mit dem heute schon in Planform gegossenen Projekt zu tun, erst recht nichts mit der weiter geplanten Verschärfung im Eingangsbereich.
Hier in der Sitzung wurden dann auch wieder nur die zahlreichen havarierten Nebenschauplätze, die von Herrn Klein angesprochenen Punkte, die allerdings sicherlich noch um so manche zu ergänzen wären, angesprochen. Diese Punkte allein sollten die Verwaltung eigentlich schon im Einzelnen zur politischen Leisetreterei ermahnen, – aber ich fasse es nicht: Die eigentliche, vollkommen irrsinnige Planung selbst, wird immer noch komplett desorientiert und vollkommen verantwortungslos als Chance dargestellt!
Leute: Das war und ist ein geschickt nach Investorenkalkül gesteuertes „Kollektivversagen“!
Der heutige Bebauungsplan sagt genau das, was Michael Stechele zum ganzen Vorgang sagte. Die dazu geheuchelte Empörung ist lächerlich, hier muss sich niemand für eine richtige Benennung entschuldigen, Chancen und Risiken sind bis heute nicht abgewogen worden!
Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung:
Ich bitte die Verantwortlichen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Planung endlich „pro Sundern, pro Amecke“ zu korrigieren. Es geht nicht so weiter! Anstatt dem Investor auf Wunsch des Bürgermeisters weiter auf Kosten des Steuerzahlers „paketweise“ zu bedienen, senkt besser die Kindergartenbeiträge und macht euch Gedanken über echtes Marketing! Und dazu gehört unbedingt das hier bei den verantwortlichen Fachleuten vollkommen unbekannte Landschaftsmarketing!
Damit diese Projekt überhaupt noch zur echten Chance pro Sundern reifen kann, müssen echte Fachleute ans Werk, muss zwingend zurückgerudert werden! Der Schaden für die Stadt, der ganz im Gegenteil dazu besonders in den letzten Jahren ganz beachtlich an Reife gewinnen konnte, liegt nun für alle Entscheidungsträger offen, ist klar absehbar und darf nicht weiter so gewissenlos ignoriert werden!
Hermann‑J. Jürgensmeier