Sundern. Beschlüsse zum Thema Innenstadtentwicklung hat es in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses (SUI) am Donnerstag abend nicht gegeben, doch die Politiker haben die neuen Pläne der Stadtplaner anderthalb Stunden intensiv diskutiert. Weitere intensive Diskussionen in den Fraktionen werden jetzt folgen. Stadtplaner Lars Ohlig wünscht sich allerdings möglichst noch in diesem oder Anfang nächsten Jahres ein klares und breites Votum für ein Gesamtkonzept. Die von ihm dazu vorgestellten Überlegungen – eine Verschiebung der Röhr Richtung Umgehungsstraße, eine mehrstöckigen Parkpalette an der Kaiserhöhe mit Fußgängerbrücke zum Levi-Klein-Platz und eine Neugestaltung des Bereichs Schimmerlingshof – wurde von den meisten Politikern im Fachausschuss gelobt oder zumindest mit Aha-Effekten zur Kenntnis genommen. Schroffe Ablehnung kam nur von der kleinsten Fraktion. WiSu-Chef Hans Klein meinte, die Bürger würden inzwischen am Verstand der Verwaltung zweifeln, die sich hier wohl ein Denkmal setzen wolle.
„Sinnvolle und fruchtbare Diskussion“
Klein warf der Verwaltung auch vor, die politischen Beschlüsse vom April diesen Jahres falsch darzustellen. Vorwürfe, die Ohlig zurückwies. Möglicherweise habe es eine missverständliche Formulierung gegeben, doch die Planer hätten eindeutig den Auftrag bekommen, sich weiter mit Röhrrenaturierung und Röhrpark zu befassen. „Wir hätten Planungsaufträge im sechsstelligen Bereich vergeben können,“ so Ohlig. Dies sei nicht geschehen, weil sofort eine kontroverse Diskussion in der Öffentlichkeit begonnen habe. „Eine sehr sinnvolle und fruchtbare Diskussion“, so Ohlig, die deutlich gemacht habe, dass es keine Akzeptanz für eine Verlegung der Innenstadt-Parkplätze hinter das Bremkes-Center gebe – und die zu einer kompletten Neuplanung geführt habe.
Gleichviel Parkplätze oder sogar mehr
Kern dieser Überlegung ist eine Verlegung des Laufs der Röhr in Richtung Umgehungsstraße. So würde genug Platz geschaffen für Renaturierung und Röhrpark. Als Ersatz für die am östlichen Röhrufer wegfallenden öffentlichen Parkplätze sollen jenseits der Umgehungsstraße Parkpaletten oder ein Parkhaus entstehen. Auf drei Etagen mit jeweils etwa 40 Stellplätzen könnten die wegfallenden Parkplätze komplett ersetzt werden, eine vierte Etage könnte sogar zusätzlichen Parkraum schaffen, rechnete Ohlig vor. Er räumte aber auch ein, dass die Plätze im Parkhaus natürlich Geld kosten werden und dass dann auch die übrigen öffentlichen Parkplätze in der Innenstadt bewirtschaftet werden müssten, „weil es sonst nicht funktioniert“.
„Keine schäbige Fassade“
„Wir wollen eine städtebauliche Aufwertung der Innenstadt, da wären Parkpaletten am anderen Ufer doch eine städtebauliche Todsünde,“ merkte Hans-Friedrich Droste (CDU) an. Man wolle die Aufwertung keinesfalls durch eine schäbige Fassade konterkarieren, antwortete Ohlig. Es gebe – auch in Nachbarstädten wie Iserlohn und Neheim – viele Beispiele für eine attraktive Gestaltung der Parkpaletten. Auch werde das Gebäude nicht die Silhouette dominieren. Es würde sich an die steile Kaiserhöhe anlehnen und es gebe bereits mehrere hohe Häuser in der Nachbarschaft, von denen SKS das höchste bleiben werde.
Investoren für Parkpaletten „treten Tür ein“
„Ein Lob für die Vorlage“ sprach Georg Teipel (FDP) aus, fragte aber nach Zeitstrahl und Kosten. „Nach erster Schätzung 3,3 Millionen“, sagte Dieter Leser, „nach Abzug der Zuschüsse für Renaturierung und Städtebau bliebe ein städtischer Eigenanteil von 1,9 Millionen.“ Dazu gehören etwa 275.000 Euro für die neue Fußgängerbrücke, die nicht bezuschusst wird. Und dazu gehören 1,2 Millionen für die Parkpaletten. Eine Summe, die aber „definitiv nicht bei der Stadt landen wird“, so Ohlig. „Denn hier treten uns Leute, die investieren wollen, schon die Türe ein.“ Und Ohlig rechnete auch eingesparte Ausgaben gegen. Der Vorteil des Konzepts sei, dass auf alle fünf Röhr-Brücken im Innenstadtbereich verzichtet werden könne. Was die Realisierung angehe, sei er bei der privaten Brücke ganz im Norden nahe der Linnepe-Mündung zwar skeptisch, doch blieben vier Brücken, bei denen die Stadt ganz oder teilweise für Unterhalt und Sanierung verantwortlich sei. Die Kosten hierfür und für die Stützmauern der kanalisierten Röhr schätzte Volker Broeske auf mindestens 500.000 Euro in den nächsten zehn Jahren, eher mehr. Am Beispiel Stockum habe man gesehen, wie teuer Stützmauern werden können.
Sechsstelliger Betrag muss finanziert werden
Unterm Strich bliebe ein durchaus erheblicher sechsstelliger Betrag, den die Stadt finanzieren müsse, so Ohlig. Es sei aber auch ein Betrag, der auch in Zeiten der Haushaltskonsolidierung darstellbar sei. Man müsse also nicht bis 2022 warten. „Die Nettosumme ist also deutlich kleiner, da sollten wir jetzt nicht wieder mäkeln und alles wegdiskutieren. Die Stadt muss sich entwickeln,“, sagte Andres Bahde (BüSu). Ohlig berichtete aber auch, dass eine Umsetzung mindestens drei Jahre brauchen werde. 2017 müsste geplant werden, 2018 und 2019 gebaut, wobei man mit den Parkpaletten beginnen müsste.
CDU fragt nach kleinen Maßnahmen für Hauptstraße
„Das wären nochmals drei Jahre ohne Fortschritt und eher mit zusätzlichen Belastungen für die Hauptstraße“, merkte Georg Te Pass (CDU) an und fragte nach den vielen kleinen Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung, die die CDU im Sommer vorgeschlagen hatte – etwa einen Tisch, an dem man mal ein Butterbrot essen könne. „Wir tragen diese Vorschläge mit, aber wir brauchen ein Gesamtkonzept, egal, womit wir anfangen,“ sagte Ohlig. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts seien auch kleine Verbesserungen – neues Pflaster oder neue Abfalleimer – zuschussfähig. „Aber nur den Brunnen weg machen und fünf Bänke aufstellen reicht der Bezirksregierung nicht,“ so Ohlig. Über den Zeitplan könne man gerne diskutieren. Die Ruhrrenaturierung habe man vor allem deshalb ganz nach vorne gerückt, weil es derzeit noch hohe Zuschüsse gebe und man nicht wisse, wie lange noch. Momentan gibt es für Renaturierungen 80 Prozent und für städtebauliche Aufwertung 60 Prozent. Sundern würde aktuell als Haushaltssicherungskommune sogar jeweils noch einen Zuschlag von 10 Prozentpunkten bekommen.
„Da geht nix mehr“ ohne Hochwasserschutz
Ohlig stellte auch klar, dass der Hochwasserschutz nie das wichtigste Ziel der Innenstadtentwicklung gewesen sei, sondern eher ein Randaspekt. Gleichwohl bestehe die Verpflichtung, bis 2027 Engstellen und Flaschenhälse im Verlauf der Röhr zu beseitigen, und davon gebe es im Innenstadtbereich mehrere. Auch könne man die Karten der Bezirksregierung mit den Folgen eines hundertjährigen Hochwassers nicht einfach wegdiskutieren. Nach diesen Karten drohe weiten Teilen der Innenstadt in Extremsituationen eine Überflutung von einem halben, teils sogar einem ganzen Meter. Deshalb könne dort grundsätzlich auch erstmal nicht gebaut werden. „Das ist ja ganz neu, also geht da nix mehr ohne Hochwasserschutz?“, zeigte sich Marcus Schauerte (CDU) verblüfft.
„Bitte keine rein defizitorientierte Diskussion!“
Michael Stechele (SPD) nannte die vorgestellten Planungen gut durchdacht und forderte dazu auf, jetzt mehr die Chancen in den Fokus zu nehmen als die Risiken. Lars Ohlig warnte – auch mit Blick auf einige Leserbriefschreiber – vor einer „rein defizitorientierten Diskussion“. Wer diese Planung ablehne, müsse auch Alternativen aufzeigen können. Ein „Weiter so“ könne es nicht geben. Zumindest nicht, wenn man einige Grundannahmen teile. Zwei wesentliche Grundannahmen seien für ihn, dass der Internethandel die Geschäftslandschaft verändere und dass der demographische Wandel dazu führe, dass verstärkt ältere Leute ihre Häuser am Stadtrand verlassen und zurück in die Innenstadt ziehen wollen. Deshalb müsse die Innenstadt attraktiver werden – zum Shoppen, Bummeln und Verweilen, zum Wohnen und nicht zuletzt auch als attraktiver Endpunkt eines zukünftigen RöhrtalRadwegs für Touristen. Wer diese Grundannahmen nicht teile, der komme auch zu einem anderen Konzept.
„Der letzte Aufschlag“
Ohlig sagte auch, dass dieses Konzept nun das dritte sei nach 2007 und 2013 und dass es der letzte Aufschlag sein solle und auch sein müsse, wenn man noch etwas erreichen wolle. Und er merkte an, dass das Konzept noch nicht parzellenscharf sei und über jede Veränderung im Detail noch diskutiert werden könne. Auch die Gestaltung der Fußgängerbrücke – die Hans Klein (WiSu) „einen Hühnersteig in sieben Meter Höhe, über den ich niemals gehen werde“ nannte – sei noch völlig offen, außer dass es natürlich barrierefrei sein müsse. Ohlig forderte die Politiker auf, jetzt gemeinsam in eine Richtung zu gehen. Je breiter eine Zustimmung im Rat sei, desto weniger schwierig werde die Umsetzung.