Sundern. Mit Klaus Willmers, dem Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Südwestfalen, hatte der Sunderner Rat nach dem Wasserbauexperten Joachim Drüke von der Bezirksregierung (Bericht hier: http://wp.me/p45RIN-ciP ) einen weiteren externen Experten zu speziellen Themen der Innenstadtentwicklung eingeladen. Auch Willmers wurde mit Fragen gelöchert und machte klare Ansagen. Er riet den Politikern in aller Deutlichkeit davon ab, künftig alle Innenstadtparkplätze kostenpflichtig zu machen. Aus seiner Sicht sei es durchaus machbar, einen Teil der Innenstadtparkplätze zu bewirtschaften. Es müsse aber weiterhin kostenlose Parkplätze geben – etwa mit einer Parkscheibenregelung – sonst würden die Kunden „mit den Füßen abstimmen“.
Negativbeispiel Gutenbergplatz in Arnsberg
Willmers, der sich seit 37 Jahren mit Handelsstrukturgutachten für Städte der Region und insbesondere auch mit dem Thema Erreichbarkeit von Fußgängerzonen auseinandersetzt, sagte, er könne in Sundern derzeit zwar nicht in die Tiefe gehen. Denn davor müsste geklärt sein, wie die bisherigen Stellplätze ausgelastet sind, wieviele wegfallen, wieviele neu entstehen sollen. Dennoch könne er grundsätzlich sagen, dass es keinen Sinn mache, die Stellplätze komplett kostenpflichtig zu machen. „Dafür ist der Einzelhandel in Sundern nicht stark genug“, sagte er und brachte als Vergleichsbeispiel den Gutenbergplatz in Arnsberg, wo vor einigen Jahren die Parkgebühr nach Protesten der Händler wieder abgeschafft wurde. „Parkgebühren in bestimmten Zonen zu humanen Bedingungen kann man auch in Sundern machen, auch ein Parkhaus bauen, gar keine Frage“, sagte der Experte.
Rückvergütungssystem „funktioniert nicht“
Eine Absage erteilte Willmers einem von Bürgermeister Ralph Brodel ins Spiel gebrachten Rückvergütungssystem, bei dem der Handel seinen Kunden die Parkgebühr erstattet. Das sei vielerorts probiert worden, habe letztlich aber nicht funktioniert. „Irgendwann schläft das ein, hat der Kunde keine Lust mehr, nach den 50 Cent zu fragen.“ Klar war auch die Aussage von Willmers, dass neue Parkplätze fertig sein müssen, bevor alte geschlossen werden können. Eine Pause, in der nur gebaut werde, dürfe es nicht geben. „Sonst erleidet der Handel Schiffbruch!“
Leitsortimente zu schwach
Willmers nannte Sundern in einem Atemzug mit Meschede, Brilon und Werl, alles Einkaufsstädte mit Defiziten in den Leitsortimenten Textilien und Schuhe, während Neheim, Soest oder Lippstadt wesentlich attraktivere Angebote hätten. Das Problem Sunderns sei, dass seine Einwohnerzahl und sein Einzugsgebiet für Filialisten, insbesondere für die namhaften aus dem oberen Qualitätsbereich, nicht attraktiv genug sei. Dazu komme das Sterben der alteingesessenen familiengeführten Geschäfte. Tag für Tag machten bundesweit drei Bekleidungsgeschäfte für immer zu. Hauptgrund sei die fehlende Nachfolge. Das Internet spiele hier noch nicht die ganz große Rolle. Noch liege der Online-Umsatz erst bei neun Prozent und früher habe auch der Versandhandel per Katalog schon sechs Prozent gehabt.
Sichtachsen Fußgängerzone – Röhr wichtig
Markus Allefeld, Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, fragte, ob Aufenthalts- und Erlebnisbereiche an der Röhr positive Auswirkungen auf den Einzelhandel haben könnten. Willmers sagte, dass es gute Beispiele gebe. Sowohl an der Sieg in Siegen als auch an der Henne in Meschede sei die Aufenthaltsqualität am Wasser deutlich besser geworden und das sei in der Bevölkerung durchweg positiv angekommen. Wichtig sei für einen Austausch aber die Verbindung in Richtung Fußgängerzone. „In Sundern müssen das drei oder vier Sichtachsen sein, nicht nur eine. Dann könne es auch hier funktionieren.“
Lange: „Geld nicht verbuddeln“
CDU-Fraktionschef Stefan Lange warnte davor, noch einmal den gleichen Fehler zu machen, nachdem schon etliche frühere Ideen zur Innenstadtentwicklung gescheitert seien, weil letztlich private Grundstücke nicht zur Verfügung standen. Als persönliche Meinung fügte er hinzu, dass man, statt Geld zu verbuddeln, dieses lieber in Marketing stecken sollte, in die Vernetzung der Händler, in Projekte wie Online-City. Die Stadt solle sich ihren eigenen Aufgaben widmen,in der Fußgängerzone nicht die Bänke vergammeln lassen oder das Pflaster immer nur mit hässlichen Teerflecken flicken. Denn in der Fußgängerzone passiere derzeit relativ viel, es gebe keine Leerstände und so manche Fassade werde renoviert. Da wolle er die Parkplätze nicht aufgeben.
Schwens: „Stillstand zementieren ist kein Machen“
Bernd Schwens (SPD) konterte: „Stillstand zementieren ist kein Machen. Und wir müssen etwas machen, um die Kaufkraft in Sundern zu halten.“ Zudem wies er darauf hin, dass es bei der Innenstadtentwicklung nicht nur auf den Einzelhandel ankomme. Neben Einzelhändlern gebe es auch Gastronomen, Freiberufler und Dienstleister und die Innenstadt solle auch ein attraktiver Wohnstandort insbesondere für Ältere werden. Seine Fraktionskollegin Ute Berenfänger fügte kritisch hinzu: „Es ist eine Katastrophe, dass sich der Sunderner Einzelhandel noch nicht mal auf gemeinsame Öffnungszeiten einigen kann!“
WiSu sieht ihre Umfrage bestätigt
Hans Klein, Fraktionschef der WiSu, sagte, die Ausführungen des Experten zu den Parkplätzen decke sich eins zu eins mit der Umfrage, die die WiSu im Sommer in Sundern gemacht habe. Von 150 Befragten seien die Parkplätze zwei Schülern, die kein Auto haben, egal gewesen. Der Rest der Befragten habe die Abschaffung der kostenlosen Parkplätze abgelehnt. Klein berichtete auch von einem Telefonat mit einem Rossmann-Manager, der gesagt habe, für seine Kunden brauche er Parkplätze in 60 bis 80 Metern Entfernung. Das verwunderte den Handelsexperte allerdings. Natürlich sei es jedem Händler am liebsten, wenn der Kunde direkt bis an seinen Laden fahren könne, doch es gebe genug Beispiele, dass es auch bei längeren Entfernungen funktioniere.
Runder Tisch vorgeschlagen
Klaus Willmers gab noch zwei Tipps. Das Sunderner Einzelhandelsgutachten sei älter als sieben Jahre und damit überaltert. Es sollte erneuert werden, weil auch andere Städte nicht schlafen. Und es sollte ein Runder Tisch zur Innenstadt geschaffen werden. Damit habe er in Meschede und Schmallenberg gute Erfahrungen gemacht. Am Runden Tisch sollten Stadtverwaltung und Politiker, Stadtmarketing und Werbegemeinschaften sowie die beiden regionalen Banken sitzen. Sein Handelsverband und die IHK seien gerne bereit, einen solchen Runden Tisch zu begleiten, allerdings nicht federführend.
Brodel: „Jetzt in die Tiefe gehen“
Bürgermeister Ralph Brodel dankte für viele Fingerzeige und echten Erkenntnisgewinn. Es gebe keinen Königsweg, und deshalb müsse man die Diskussion jetzt in aller Tiefe führen, denn es gehe darum, wie die Stadt in 20, 30 Jahren aussehe.
Eine Antwort
Wenn das so weitergeht in Sundern, wird der Einzelhandel über kurz oder lang brach liegen, das Bremkes-Center wird nach dem Weggang von Rewe und künftig Aldi vorläufig brach liegen, da beißt die Maus keinen Faden ab, das ist so!
und wenn dann für das Parken auch noch die Hand aufgehalten wird, laufen noch mehr Kunden aus der City weg!
Ich kann mich daran erinnern, dass eine Stadt im MK groß an den Ortseinfahrten geworben hat: Über 700 kostenfreie Parkplätze. mit diesem Pfund könnte Sundern wuchern, aber.. da pennt die Stadt samt Stadtmarketing schon jahrzehntelang. Ich habe das bei jeder Gelegenheit dem Stadtmarketing nahegelegt, mit dem Ergebnis, das nichts passiert außer Schweigen im Walde…
Und ich gebe Herrn Lange ausnahmsweise einmal recht: Ich kann doch nicht über Grundstücke verfügen, die mir nicht gehören. das geht nicht, es sei denn durch Zwangsenteignung. Und das kann nicht im Sinne der Beteiligten sein!
Wenn tatsächlich die Parkraumbewirtschaftung kommen sollte, ist das schonmal klar: Dann werde ich um Sunderns City weitestgehend einen Bogen machen!