Sundern. Ein CDU-Fraktionschef, der vom eigenen mit harten Worten formulierten Antrag bereits bei der Begründung zurückrudert, ein Bürgermeister, der „wegen infamer und monströser Unterstellungen“ wütend und verletzt ist, aber mit Rücksicht auf das Wohl der Stadt auf Genugtuung verzichtet, ein SPD-Fraktionschef, der den „Anklägern“ den Rücktritt nahelegt – der Sunderner Rat hat eine weitere denkwürdige Sitzung hinter sich.
Sunderns Superbaustelle bremste Sunderns teuren Anwalt
Mit Spannung erwarteten 36 Ratsmitglieder und ein voll besetzter Zuschauerraum den Beginn der von der CDU beantragten Ratssondersitzung zum Thema Rechtsanwaltsmandatierung und Akteneinsicht – oder auch „Hat der Bürgermeister gelogen?“. Gleich zu Beginn gab es allerdings Grund zu einem entspannenden Schmunzler. Der angekündigte Rechtsanwalt Dr. Michael Terwiesche aus Moers hatte sich verspätet. Ausgerechnet Sunderns Superbaustelle in Stemel hatte ihn ausgebremst. Nach wenigen Minuten hatten hilfreiche Rathausmitarbeiter den Anwalt allerdings in den Ratssaal gelotst und die angespannte Stimmung kehrte schnell zurück und währte gute anderthalb Stunden.
Laufmöller: Akteneinsicht-Vorwurf „haltlos“
Gleich zu Beginn ging Stefan Laufmöller, neuer kommissarischer Fachbereichsleiter Personal und Organisation und damit auch neuer juristischer Fachmann der Stadtverwaltung, auf das Thema Akteneinsicht ein. Den mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde untermauerten Vorwurf der CDU-Fraktion, ihr sei widerrechtlich Akteneinsicht verwehrt worden, wies er entschieden zurück. Die CDU habe Einblick auch in Personalakten nehmen wollen. Dabei stünden sich zwei hohe Rechtsinteressen diametral entgegen, das Auskunftsinteresse einer Fraktion, die den Bürgermeister kontrolliere, und das persönliche Schutzinteresse der betroffenen städtischen Mitarbeiter. Laufmöller schilderte seine Bemühungen um klare rechtliche Einordnung, die über den Kreis und den Städte- und Gemeindebund schließlich beim Landesdatenschutzbeauftragten gelandet seien, der bis jetzt noch keine Antwort gegeben habe. Hier sei der Vorwurf einer widerrechtlich verweigerten Akteneinsicht aus seiner Sicht haltlos, so Laufmöller, der auch berichtete, dass die CDU-Fraktion inzwischen die nicht personal-relevanten Akten, die Vereinbarungen, Vollmacht und Vergütung zwischen Stadt und der Kanzlei GTW betreffen, einsehen konnte.
Lange: „Wirbel beabsichtigt“
CDU-Fraktionschef Stefan Lange überraschte mit seinem Statement, die CDU-Fraktion habe nie behauptet, dass der Bürgermeister lüge, wenn er behaupte, er habe Rechtsanwalt Terwiesche vor dessen Mandatierung nicht gekannt. Das sei allenfalls ein Nebenkriegsschauplatz, so Lange, es komme nicht darauf an, ob sich die beiden vorher gekannt hätten, sondern wieviel Geld die Stadt für Rechtsanwaltskosten habe ausgeben müssen. „Unser Antrag hat viel Wirbel gemacht und das war auch beabsichtigt, weil es um bedeutende und weitreichende Dinge für Sundern geht. Ich bin sehr froh und sehr dankbar, dass das Thema jetzt in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen ist“, sagte Lange und verwies darauf, dass die CDU im vergangenen Jahr mehrere vergebliche Anläufe unternommen habe, das Thema Rechtsberatungskosten in den Focus zu rücken.
„Unverhältnismäßigkeit“ bei Anwaltskosten
In einer vorbereiteten Präsentation mit eindrucksvoll aussehenden Balkendiagrammen kritisierte Lange eine „Unverhältnismäßigkeit“ der Rechtsberatungskosten in drei Verfahren gegen städtische Mitarbeiter. Im Fall des Beigeordneten habe die Stadt 15.400 Euro für ihren Anwalt gezahlt, die Gegenseite nur 3360. Bei einem Beamten aus dem Fachbereich 4 sei das Verhältnis 21.900 zu 800 Euro, beim Leiter des Fachbereichs 1 gar 38.160 zu 845 Euro. Dabei sei es letztlich um sieben oder acht Briefe gegangen. „Ein sehr lukratives Geschäft. Wenn man mit einer DIN A4-Seite so viel verdienen kann, habe ich wohl den falschen Beruf gewählt“, sagte Lange. Ein weiteres Beispiel bezog sich auf die Honorarvereinbarung, die auch 140 Euro netto pro Stunde für Fahr- und Wartezeiten vorsehe. So habe der Anwalt für 1:35 Stunden Anfahrt aus Moers, staubedingte 2:37 Stunden Rückfahrt sowie 254 gefahrene Kilometer 715,43 Euro abgerechnet, ohne auch nur ein Gramm Gehirnschmalz für die Stadt Sundern zu verwenden.
CDU-Antrag „als Brücke“
Wenn so viel Geld heraus gehauen werde, müsse man einfach die Finger in die Wunde legen, sagte Lange. Auch wenn die Schilderungen des Bürgermeisters, wie es auf Empfehlung des Städte- und Gemeindebundes zur Mandatierung dieser Anwaltskanzlei gekommen sei, für ihn schwer nachvollziehbar bleibe, wolle er einen Antrag stellen, den man auch als Brücke verstehen solle. Lange beantragte, alle Mandate der Stadt Sundern mit Rechtsanwalt Terwiesche sofort zu beenden. Künftig solle man sich in solchen Fällen dann einen Anwalt aus der Region nehmen und nach Vergütungsordnung statt nach Honorarvereinbarung zahlen. Ein Antrag der CDU, der keine Unterstützung fand und abgelehnt wurde.
Brodel: „Perfide und unhaltbare Vorwürfe“
„Wir und ich können nicht glücklich sein über die entstandenen Kosten, gar keine Frage,“ sagte Bürgermeister Ralph Brodel und kündigte eine Sonderprüfung im Rechnungsprüfungsausschuss an. Er griff aber auch sofort die CDU an: „Sie waren nicht unschuldig, dass diese Kosten entstanden sind.“ Dann widmete er sich vor allem dem, was sein Vorredner als „Nebenkriegsschauplatz“ bezeichnet hatte. Die verdächtigende Unterstellung, er habe Rechtsanwalt Dr. Terwiesche auf jeden Fall kennen müssen, die schriftlich niedergelegte Behauptung, er habe gelogen und schließlich der perfide und monströse Verdacht der Untreue, das alles seien verzerrte und unhaltbare Vorwürfe, so der Bürgermeister.
Bürgermeister „verletzt und wütend“
Brodel bekannte, er sei verletzt und wütend, und warf den Antragstellern, neben Fraktionschef Stefan Lange auch dessen Vize Sebastian Booke und der 1. stellv. Bürgermeister Georg Te Pass, vor, mit isolierten Fakten ohne logischen Zusammenhang, konstruierten Beweisketten und perfiden Vorwürfen die Reputation des Bürgermeisters, der Verwaltung und einer angesehenen Anwaltskanzlei massiv zu beschädigen und auch dem Ansehen der Stadt Sundern zu schaden. „Mit Sachpolitik, mit einer Politik, die diese Stadt weiterentwickelt, hat dies nichts gemein“, so Brodel. „Ich mag es Ihnen persönlich nachsehen, ich mag es persönlich runterschlucken, ich mag persönlich von Anzeigen oder ähnlichem absehen, aber - nur aus einem Grund: Dieser Ratssaal darf sich in keine permanente Wahlkampfbühne verwandeln und er dient auch nicht als Schaugerichtsplatz. Die Bürgerinnen und Bürger sind dieser Art von politischen Schau-Spielen überdrüssig!“
Terwiesche: „Unverständlich, ungeheuerlich, unseriös“
Rechtsanwalt Dr. Michael Terwiesche nannte den CDU-Antrag unverständlich und vom Tenor irritierend, den Verdacht der Untreue gar ungeheuerlich. Die Präsentation der CDU mit den Balkendiagrammen sei hochgradig unseriös. Es habe sich um komplizierte Disziplinarverfahren mit Beweisanträgen gehandelt, die weit mehr Arbeit gemacht hätten als mal eben acht Briefe zu schreiben. Zudem verwies er darauf, dass seine Netto-Vergütung bei nur 64.146 Euro liege und dass der anfangs vereinbarte Stundensatz von 280 Euro inzwischen deutlich gesenkt worden sei. Terwiesche bestätigte, dass er den Sunderner Bürgermeister nicht aus dessen Zeit im Landkreis Wesel kannte und im Münchener Flughafen erstmals einen Anruf aus dem Sunderner Rathaus erhalten habe.
Stechele: Rücktrittsforderung an CDU-Trio
In der Aussprache sagte Jens Kuhnen (SPD), er persönlich sei sehr enttäuscht, dass die CDU nicht bis zuletzt an der Unschuldsvermutung festgehalten habe. „Die Ankläger haben in der Beweisführung völlig versagt“, sagte SPD-Fraktionschef Michael Stechele. Der Wirbel, den die CDU habe erzeugen wollen, sei nur populistisch und unseriös, zumal alle Initiativen, den Rechtsstreit mit dem Beigeordneten beizulegen, bisher von der CDU verhindert worden seien. „Das sind Ihre Kosten“, sagte Stechele, der Lange, Booke und Te Pass den Rücktritt nahe legte, „um den Weg für eine an den Herausforderungen dieser Stadt erforderliche Zusammenarbeit frei zu machen“. Nach dem Antrag auf Schluss der Rednerliste blieb Werner Kaufmann von den Bürgern für Sundern das Schlusswort. Er forderte die Ratsmitglieder auf, zur Sachlichkeit zurückzukehren.
Am Morgen danach gab es erste Zeichen, dass die CDU-Fraktion in den nächsten Wochen versuchen wird, das persönliche Gespräch mit dem Bürgermeister zu suchen.
7 Antworten
Ihr schmeißt das Geld aus dem Fenster und wir sollen für die Straße Buchweg bezahlen ich werde mir ein Anwalt nehmen der aus Hamburg kommt der ist bilieger
Leute wie Stefan Lange gibt es leider überall. Aber in der Politik haben Sie nichts zu suchen! Ungeeignet!
Warum? weil die CDU unliebsame Zahlen hinterfragt? Insgesamt 78.000 Euro für einen Anwalt? Und alle anderen Anwälte zusammen kosten nur 5.000 Euro? Und wenn ich mir den Antrag durchlese hat Hr. Brodel doch wirklich gelogen. er behauptet etwas und die CDU belegt schriftlich das Gegenteil.
Auszug Kommentar Benedikt Schulte:
Zitat aus ursprünglichem Artikel:
In meinen Augen liefert die Sunderaner CDU in der Hinsicht ein Armutszeugnis ab, das an Dreistigkeit gegenüber dem Bürgermeister nicht zu überbieten ist…
Die Äußerungen des Herrn Lange sind zweifelhaft, und seine Wetterwendigkeit zeigt mir auf, warum er damals sich nicht selbst als Kandidat für den Bürgermeister eingebracht hat,…
setzen, 6 und abdanken!
nur gut, dass ich dieses Schmierentheater der CDU Sundern im Ratssaal nicht mehr mitertragen muß!
Sie sollten sich mal mit der Sache auseinandersetzen und nicht ausweichen. Ziel verfehlt.
Zitat:
Nun ja: immerhin ein „Nebenkriegsschauplatz“ mit „(Denunziations)Potenzial“ in Richtung „Da war doch mal was …?“